FIWARE: Könnte dieser Open Source IoT-Standard die Landwirtschaft revolutionieren?
16. Juni 2023
Die rasante Entwicklung der digitalen Technologien hat sich tiefgreifend auf verschiedene Branchen ausgewirkt. Und die Landwirtschaft ist keine Ausnahme. Die wachsende Weltbevölkerung und die Notwendigkeit, dem Klimawandel entgegenzuwirken, haben dazu geführt, dass viele innovative Lösungen in der Landwirtschaft erforscht werden.
Allerdings wird der Markt für Softwareplattformen in der Landwirtschaft bisher von proprietärer Software dominiert. Währenddessen nimmt FIWARE im Bereich der Smart-City-IoT-Anwendungen bereits eine Vorreiterrolle ein. Da dieses Framework allerdings ausdrücklich auch für den landwirtschaftlichen Markt entwickelt wurde, stellt sich die Frage, ob FIWARE auch in der Landwirtschaft die Open-Source-IoT-Standardplattform werden könnte.
In diesem Artikel möchten wir uns mit den Vorteilen und Grenzen von FIWARE befassen und dabei den Schwerpunkt auf die Möglichkeiten legen, die FIWARE zur Unterstützung einer nachhaltigen Landwirtschaft bietet, insbesondere um Herausforderungen wie Wasserknappheit, Nitratbelastung des Grundwassers und den Rückgang der Bodenfruchtbarkeit wirksam zu begegnen.
Was ist FIWARE
FIWARE ist eine Open-Source-Plattform, die eine Vielzahl von Komponenten bereitstellt, die kombiniert werden können, um intelligente Lösungen in verschiedenen Bereichen wie Smart Cities, Smart Farming und Industrie zu entwickeln und einzusetzen.
FIWARE wurde unter der Leitung der Europäischen Union entwickelt und sollte ursprünglich die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes in Europa erleichtern. Die Flexibilität der Plattform, ihre Modularität und einfache Integration haben jedoch dazu geführt, dass die Plattform in vielen Regionen und Sektoren weltweit eingesetzt wird.
Zu den wichtigsten Vorteilen von FIWARE gehören Interoperabilität, Skalierbarkeit und die Fähigkeit, große Datenmengen in Echtzeit zu verarbeiten und zu analysieren.
Vorteile und Herausforderungen für die Landwirtschaft
FIWARE bietet mehrere Vorteile für den Agrarsektor. Dank des Open-Source-Charakters können Entwickler auf eine Vielzahl von Ressourcen und eine wachsende Gemeinschaft von Experten zugreifen, was zu schnellen Innovationen und kostengünstigen Lösungen führt. Außerdem fördern die vordefinierten Datenmodelle und gut dokumentierten APIs von FIWARE die Interoperabilität zwischen den Geräten, den Diensten und den Anwendungen und ermöglichen die nahtlose Integration weiterer Systeme.
Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Beispielsweise ist die Verbreitung von FIWARE in der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen noch gering, was bedeutet, dass die Zahl der verfügbaren Anwendungen, Dienste und Schnittstellen, die auf die Landwirtschaft zugeschnitten sind, begrenzt ist. Außerdem ergeben sich durch den Open-Source-Charakter von FIWARE zwar viel Möglichkeiten der Weiterentwicklung durch eine unabhängige Entwickler-Community, andererseits kann dieser Charakter aber auch zu potentiellen Problemen bei Support und Wartung führen, solange sich noch keine nachhaltigen Geschäftsmodelle auf Basis der Plattform etabliert haben, durch die dieser Support finanziert werden kann.
Anwendungsgebiete
Durch das Abrufen, Speichern und Verarbeiten von Daten aus verschiedenen Quellen wie Sensoren, Satelliten und Drohnen kann eine auf FIWARE basierende Plattform Landwirten helfen, Bodenfeuchtigkeit, Nährstoffgehalt und andere Parameter in Echtzeit zu überwachen. Diese Informationen ermöglichen, in Kombination mit KI-Algorithmen, die Analyse von Mustern und Trends, was datengestützte Entscheidungen und adaptive Managementstrategien erleichtert.
FIWARE kann zum Beispiel zur Optimierung von Bewässerungsplänen eingesetzt werden, um den Wasserverbrauch zu senken und die Nitratbelastung durch Überdüngung zu minimieren. Darüber hinaus kann die KI-gesteuerte Analyse von Daten zur Bodenzusammensetzung den Landwirten helfen, Gebiete mit geringer Fruchtbarkeit oder hohem Erosionsrisiko zu identifizieren, so dass auch kleinflächig gezielte Maßnahmen ergriffen werden können.
FIWARE und Präzisionslandwirtschaft
Die Fähigkeit, mit „passiver“ Hilfe von FIWARE zukünftig autonome Präzisionslandmaschinen zu steuern, ist eine weitere vielversprechende Anwendung von FIWARE in der Landwirtschaft. Bei der Präzisionslandwirtschaft geht es um den Einsatz von Technologien zur Optimierung landwirtschaftlicher Praktiken auf der Grundlage der sensorgestützten Analyse räumlich und zeitlich unterschiedlicher Merkmale auf den Feldern. Durch die Integration von Echtzeitdaten aus verschiedenen Quellen und die entsprechende Steuerung der Maschinen kann FIWARE den Landwirten helfen, die richtigen Betriebsmittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort einzusetzen, um die Produktivität zu steigern und die Umweltbelastung zu verringern.
Beispiele für FIWARE in der Landwirtschaft
Mehrere Pilotprojekte und Initiativen haben das Potenzial von FIWARE in der Landwirtschaft gezeigt. In Spanien wurde im Rahmen des Projekts Smart Agri-Food mit FIWARE ein intelligentes Bewässerungssystem entwickelt, das den Wasserverbrauch in einem Weinberg um bis zu 40 % reduzierte. In Italien wurden im Rahmen des FRACTALS-Projekts FIWARE-Komponenten eingesetzt, um ein Entscheidungshilfesystem für die Olivenölproduktion zu entwickeln, mit dem die Landwirte ihre Bewässerungs- und Düngepläne optimieren konnten.
